Novelle der Inhaberkontroll-VO und neues BaFin-Merkblatt zur Inhaberkontrolle

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat mit Rechtsverordnung vom 6. November 2015 die Inhaberkontrollverordnung geändert. Am 27. November 2015 hat die BaFin zudem eine aktualisierte Fassung ihres zugehörigen Merkblatts zur Inhaberkontrolle veröffentlicht, in dem wesentliche Anforderungen der Inhaberkontrolle näher bestimmt werden.

Die Inhaberkontrollverordnung (InhKontrollV) konkretisiert die in § 2c Abs. 1 Satz 1 und 6 Kreditwesengesetz (KWG) geregelten gesetzlichen Anzeigepflichten für Personen (sog. interessierte Erwerber), die beabsichtigen, eine bedeutende Beteiligung an einem Institut (d.h. einem Kreditinstitut oder Finanzdienstleistungsinstitut im Sinne des KWG) zu erwerben oder eine bestehende Beteiligung bis zu oder über 20, 30 oder 50% zu erhöhen. Der Erwerber hat seine Absicht unverzüglich schriftlich unter Verwendung eines amtlichen Formulars mit zahlreichen Unterlagen und Erklärungen der BaFin und der Deutschen Bundesbank anzuzeigen. Eine bedeutende Beteiligung wird durch das direkte oder indirekte Halten von mindestens 10% des Kapitals oder der Stimmrechte eines Institutes oder eine andere Möglichkeit der Wahrnehmung eines maßgeblichen Einflusses auf die Geschäftsführung des Zielunternehmens begründet (§ 1 Abs. 9 KWG, Art. 4 Abs. 1 Nr. 36 VO (EU) Nr. 573/2013).

Für die Praxis sind zwei Aspekte der geänderten InhKontrollV und des BaFin-Merkblatts besonders hervorzuheben:

Zeitpunkt der Anzeige

Der richtige Zeitpunkt für eine vollständige Erwerbsanzeige ist für den Erwerber von erheblicher Bedeutung. Denn eine auch nur fahrlässig nicht rechtzeitig oder unvollständig abgegebene Erwerbsanzeige begründet eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld von bis zu EUR 5 Mio. geahndet werden kann (§ 56 Abs. 2 Nr. 1 a), Abs. 6 Nr. 1 KWG). Auf Basis des bis zum 27. November 2015 geltenden BaFin-Merkblattes musste die Praxis mit Einzelfallbetrachtungen arbeiten, wonach eine Erwerbsabsicht bereits deutlich vor dem maßgeblichen Gremienbeschluss beim Erwerber gegeben sein konnte (z.B. vor einem nach der Satzung des Erwerbers erforderlichen Vorstands- oder Aufsichtsratsbeschluss). Denn die BaFin hielt bereits „spätestens die Aufnahme konkreter Vertragsverhandlungen“ mit dem Verkäufer für maßgeblich, wobei sie ausdrücklich betonte, dass die Anzeigepflicht im Einzelfall auch noch früher entstehen könne. Das neue BaFin-Merkblatt bringt hier keine entscheidenden Fortschritte. Die genannten Formulierungen wurden im Wesentlichen unverändert in das neue Merkblatt übernommen. Nicht aufgegriffen hat die BaFin insbesondere die im Konsultationsverfahren von der Deutschen Kreditwirtschaft geforderte sinnvolle Konkretisierung, dass die Anzeige spätestens mit dem maßgeblichen Gremienbeschluss zu erfolgen hat und eine frühere Anzeige (oder informelle Kontaktaufnahme mit der BaFin) in das Ermessen des Erwerbsinteressenten gestellt werden solle. Neu ist der Hinweis der BaFin, dass „zumindest die groben Rahmenbedingungen des geplanten Erwerbs bereits feststehen [müssen], wie z.B. belastbare Prognosen hinsichtlich der Beteiligungshöhe sowie der Finanzierung des Erwerbs.“ Jedoch: Bei einem erwogenen Erwerb einer 100%igen Beteiligung am Zielunternehmen und einer gesicherten Finanzierung aus Eigenmitteln könnte dieser Zeitpunkt theoretisch bereits mit dem ersten Entwurf des Kaufvertrages erfüllt sein. Die Erfahrung zeigt, dass es praxisnäher ist, eine Erwerbsabsicht dann anzunehmen, wenn z.B. Verhandlungen über den Kaufvertrag in Signing-Nähe gerückt sind oder in einem Bieterverfahren exklusiv mit einem von mehreren Erwerbsinteressenten verhandelt wird. Ratsam ist in jedem Fall eine sorgfältige Einzelfallprüfung der Umstände des Erwerbsverfahrens.

Absehen von Anzeigen in Konzernsachverhalten

In Konstellationen, in denen der anzeigepflichtige Erwerbsinteressent einem Konzern angehört, besteht nach § 16 Abs. 3 InhKontrollV n.F. die Möglichkeit, dass die BaFin auf bestimmte nach den Vorschriften der InhKontrollV einzureichende „Erklärungen und Unterlagen“ des Anzeigepflichtigen im Einzelfall verzichten kann, soweit diese Informationen für die Prüfung des Erwerbers in diesem Einzelfall nicht erforderlich sind. Die neue Formulierung ist enger als der bisherige Wortlaut, weil es der bisherige Wortlaut ausdrücklich in das Ermessen der BaFin stellte, auf Anzeigen bestimmter Konzerngesellschaften insgesamt zu verzichten. Im Rahmen der üblichen Vorbesprechungen mit der BaFin konnte auf Basis von § 16 Abs. 3 InhKontrollV a.F. geklärt werden, dass bestimmte Konzerngesellschaften (z.B. reine Zwischenholdings), die ebenfalls eine (mittelbare) bedeutende Beteiligung erwerben und daher eigentlich anzeigepflichtig sind, keine eigenen Anzeigen abgeben müssen. Der neue Wortlaut legt dagegen nahe, dass auch solche Zwischenholdings stets anzeigepflichtig sind, während der BaFin lediglich bei dem Umfang der einzureichenden Unterlagen ein Ermessen eingeräumt wird. Im Konsultationsverfahren vor Erlass der Verordnung hatte die BaFin insoweit betont, dass ein Verzicht auf Informationen nur nach formaler Kenntnis der Erwerbsabsicht möglich sei. Unseres Erachtens kann § 16 Abs. 3 InhKontrollV n.F. möglicherweise auch in dem Sinne angewendet werden, dass bei Konzernsachverhalten zunächst der unmittelbare Erwerber eine umfassende Anzeige erstattet (einschließlich Offenlegung der Konzernstruktur), damit die BaFin nach Sinn und Zweck des Anzeigeverfahrens und den Umständen des Einzelfalls entbehrliche Informationen und ggf. Anzeigen einzelner Konzerngesellschaften identifizieren kann. Dies sollte jedoch im Vorfeld des Anzeigeverfahrens mit der BaFin abgeklärt werden.

Hervorzuheben ist zugleich, dass die neue InhKontrollV bei Konzernsachverhalten auch neue Flexibilität schafft. Denn § 16 Abs. 3 InhKontrollV n.F. stellt klar, dass die BaFin durch die Möglichkeit des Verzichtes auf vorzulegende Unterlagen und Erklärungen bei Konzernsachverhalten nicht im Sinne eines „ganz oder gar nicht“ verfahren muss, sondern im Sinne eines effizienten Verfahrens nach Kriterien der regulatorischen Prüfungsrelevanz auswählen darf.

Es bleibt festzuhalten, dass auch nach der neuen InhKontrollV eine frühzeitige und sorgfältige Vorabstimmung mit der BaFin vor Auslösung der Anzeigepflichten zu empfehlen ist

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